Von A wie Agrarstrukturgesetz bis Z wie Zwischenfrucht Landwirte und Politiker diskutieren beim Bauernfrühstück in Hedersleben
Das traditionelle Bauernfrühstück des Nordharzer Bauernverbandes fand kürzlich in Hedersleben statt. Dabei diskutierten Regionalpolitiker mit Harzer Landwirten über aktuelle Probleme. Die spannungsgeladene und themenreiche Gesprächsrunde wurde geleitet vom Vorstandsvorsitzenden des Verbandes Uwe Thielecke sowie Lutz Trautmann, gastgebender Hausherr, also Chef der Agrargenossenschaft e.G. Hedersleben.
Diana Borchert, Geschäftsführerin des Bauernverbandes Nordharz, begrüßte zu Beginn die landwirtschaftlich interessierten Politiker, die diskussionsbereiten Vorstandsmitglieder. Trautmann lud dann alle Anwesenden zum appetitlich angerichteten Buffett und Thielecke eröffnete anschließend die Debatte.
Zum Thema Bürokratie und übertriebenen Kontrollen der Ämter breitete unter anderem der Hoymer Landwirt Frank Zedler aus, wie er einen 3500 Quadratmeter großen „Feldblock“ für einen Gärrestebehälter umgeben von Erdwällen, aus seinem Acker heraus gemessen hat. Bei der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises musste er bei drei Sachgebieten Anträge dazu stellen. Diese Genehmigungen liegen nun mit den zur Fläche gehörenden Pachtverträgen beim Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten (ALFF) und warten dort auf die Genehmigung zur Stilllegung der zuvor landwirtschaftlich genutzten Fläche. Damit hätte er, so Zedler, eine Woche lang Ämter mit Kram lahmgelegt und sich derweil nicht um seinen Betrieb gekümmert, sondern Bürokratievorgaben eingehalten.
Die zunehmende Bürokratie wurde auch von anderen Landwirten kritisiert und Uwe Thielecke spitze das Thema zu indem er konstatierte, dass mit den Satelliten sowieso jedes Tier gezählt und jede Fahrspur erkannt werden könne. Dazu müsste eigentlich keiner vom Amt mehr rauskommen. Als Prüfindustrie bezeichnete Trautmann die verschiedensten Kontrollen ein, die manches doppelt abcheckten.
Auch zum Agrarstrukturgesetz tauschte man sich aus und war einhellig der Meinung, dass man hier keine Neuregelungen bräuchte. Stefan Schmerschneider kritisierte in dem Zusammenhang das hiesige Verfahren, dass die Landgesellschaft Flächen aufkauft und der Landwirt es dann dort erwerben kann. Dafür seien dann doppelte Gebühren fällig, die natürlich der Landwirt zahlen müsse. Diana Borchert resümierte, dass das grundlegende Ziel von Landverkäufen sein müsse, dass die Flächen bei den hiesigen Landwirten im Eigentum oder zur Pacht blieben.
Nach dem Stand der Arbeit zum neuen Wassergesetz erkundigte sich Wilfried Feuerstack, denn es sei wichtig für die Landwirte hier mitzudiskutieren. Jörg Weidemann hatte dazu die Antwort parat: Ein 160 Seiten umfassender Entwurf liegt vor, der jetzt mit Fristen belegt bei den Verbänden liege.
Die neuen Regelungen zur Düngeverordnung müssen seit Beginn des Jahres von den Landwirten umgesetzt werden. Hier konnte man den Unmut der Landwirte spüren. Voller Frust kritisierte man das Messtellennetz, welches nun die strengen deutschen Regelungen zur Folge hat und weiter zur Ungleichbehandlung der Landwirte in Europa beiträgt. Jörg Weidemann sagte dazu, „dass sich ringsherum alle anderen über uns totlachen“ und in den nächsten 20 Jahren keine Änderung in Sicht wäre. Es sei genau wie bei der in Deutschland verbotenen Beize der Saat, die das Korn vor Krankheiten schütze. Oder dass es in Deutschland keine zulässigen Mittel mehr gäbe, die Zuckerrübe vor Krankheiten zu schützen.
Jörg Felgner (SPD) hofft, den Landwirten mit einer Praktikumsprämie des Landes für Schüler helfen zu können, wenn es wie überall um die Nachwuchsgewinnung geht. Das wurde von den Landwirten einhellig gelobt. Diana Borchert schloss sich mit dem großen Erfolg des Bauernverbandprojektes „Grünes Klassenzimmer“ an, was ganze Schulklassen in Betriebe bringt. Borchert: „Hier fallen uns aber gerade die Buskosten auf die Füße, die sich fast verdoppelt haben. Monika Hohmann (Linke) empfahl das kürzlich erhöhte Schulbudget, was für solche Ausflüge verwendet werden könne.
Photovoltaikanlagen auf Agrarflächen gelten wegen der aktuellen Förderung als wunderbare Fruchtfolge mit dem großen Nachteil des Flächenentzugs auf Jahre. Lutz Trautmann fasste es zusammen: „Unser ehrbarer Ansatz, dass wir regionale Lebensmittel produzieren wollen, gerät dabei unter die Räder. Aber wir sind Unternehmer, müssen Geld verdienen und mit zum Beispiel Sonderkulturen wie Gewürze kann ich das nicht mehr. Die Gesellschaft will es so und dann kommen die Lebensmittel eben von woanders her.“ Das entfachte natürlich eine lebhafte Diskussion über falsche Förderpolitik, Städter, die so weit weg von der Landwirtschaft sind, unrealistische Vorgaben und über die aktuelle Energiepolitik. Bei Letzterem kamen Politiker und Landwirte zum gemeinsamen Schluss, dass erst Speicher und Leitungen gebaut werden müssten, ehe man alternative Energiegewinnung so fördert und schönredet, wie jetzt gerade.
Viele weitere Themen kamen aufs Tapet: Wie der sich weiter ausbreitende Wolf und die durch ihn gefährdete Weidetierhaltung, der Zwischenfruchtanbau und die Wintergetreideaussaat, welche durch die anhaltenden Regenfälle sehr verzögert laufen oder die Fahrerlaubnis für Lehrlinge, die unbedingt in die landwirtschaftliche Berufsausbildung integriert werden, soll.
Eine Lanze für die hiesigen Bauern brach schlussendlich Thielecke mit seinen Aussagen über die Wertschöpfungskette, die in Deutschland nicht unterbrochen werden sollte: „Wir produzieren hier Lebensmittel für Menschen nach strengen Vorgaben, Futter für unsere Tiere und Biomasse, die unserem Boden wieder zugeführt wird. Wir sind die besten Natur- und Umweltschützer!“
Thielecke dankte zum Abschied den Politikern für Ihr Interesse an der Landwirtschaft, hofft auf weitere gute Zusammenarbeit und zukünftige Diskussionsrunden.